Endlich wieder Fußball-WM

29.August 2006 von Kirsten

Falls es keiner gemerkt hat: Es ist wieder Fußball-WM in Deutschland, und die Deutsche Nationalmannschaft hat das Auftaktspiel gegen Japan heute mit 3:0 (1:0) gewonnen.

Falls die geneigte Leserschaft verwirrt sein sollte: Es handelt sich dabei um die Fußball-WM für Menschen mit geistiger Behinderung. Spielberechtigt sind dabei nur Sportler mit Lernschwäche und einem geprüften IQ unter 75. Unsere Nationalmannschaft im Porträt findet sich übrigens hier.

Die Spielorte lauten weniger glamourös als bei der letzten WM Lippstadt, Braunschweig, Salzwedel oder Olpe. Tickets liegen oft zuhauf bei örtlichen Sparkassen oder sonstigen Vorverkaufsstellen aus - umsonst, wohlgemerkt. 

Doch, IQ hin und Lernbehinderung her: Im Siegeswillen und der Spielfreude (und - ganz böse -bei der Eloquenz im Interview) unterscheiden sich die Jungs um Mannschaftskapitän Guido Skorna aus Eschweiler nicht von den Jungs von Löw und Flick (die bei dieser Nationalmannschaft übrigens Willy Breuer und Ulrich Ollesch heißen). Im Vorfeld liefen schon diverse Beiträge in zahlreichen Medien, aber dennoch scheint das Ereignis als solches noch nicht allzu bekannt zu sein.

Ein besonderes Ärgernis: Wichtig schien zahlreichen Medienvertretern in der Vorberichterstattung vor allem immer zu sein, mehrfach zu betonen, dass man den Spielern ja meistens gar nicht anmerke, dass sie behindert seien. Oder dass man ihnen, zum Beispiel im Anzug, nicht auf den ersten Blick ansehe, was mit ihnen “los sei”. Ist aber auch ne Frechheit, dass sich die Behinderten nicht so anziehen, dass man ihnen auf 30 Metern anmerkt, dass “etwas mit ihnen nicht stimmt”.

Können wir uns vielleicht mal auf die Dinge konzentrieren, die in diesem Zusammenhang wirklich wichtig sind? Es geht hier um Fußball, Spaß am Sport, 90 Minuten Action auf dem Platz und hoffentlich viele schöne Tore. Dabei ist es völlig egal, welchen IQ ein Spieler hat - wenn er sich anstrengt, ordentlich spielt und vorne die Bude macht. Ein Sportler ist ein Sportler, jemand, der trainiert, ackert, sich quält und dafür Anerkennung will und verdient und bekommen sollte. Sicher, ein Sportler mit einem Handicap hat es teilweise wirklich schwerer als jemand ohne Lernschwäche oder mit einem gesunden Körper. Aber muss denn in jedem Beitrag penetrant darauf hingeweisen werden?

Gerne fällt in der Berichterstattung auch das Wort “normal” im Bezug auf die “richtige” Nationalmannschaft. Dem kann man nur eines entgegenhalten, und zwar das Zitat von Andreas Timm auf die Frage, wo denn der Unterschied zu Jogi Löws Fußballnationalmannschaft sei. Darauf hat der Rekordnationalspieler (72 Länderspiele)nämlich geantwortet: “Die A-Nationalspieler bekommen Geld dafür, und für uns ist es eine Ehre, für Deutschland zu spielen.” Noch Fragen?


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bisher 2 Kommentare Eigenen Kommentar schreiben

  • 1. Alexander  |  30.August 2006 at 21:56

    Zum Sprachgebrauch in den Medien schreiben übrigens auch Christiane Link und Thomas Wanhoff.

  • 2. marco  |  31.August 2006 at 22:18

    weiß nicht, ob es evtl. sogar einen eigenen beitrag wert wäre… mein zweit-geldgeber “land der ideen” sponsort die wm und finanziert die übertragung der spiele unter paralympicsport.tv - vielleicht ja von interesse für den einen oder anderen. es gibt da noch ein paar abspracheprobleme, aber an sich ist ein on-demand-gucken auch möglich.

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